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Anti-Xa-Aktivität ("Heparinspiegel")  - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
IN DREI SÄTZEN:
Heparin wird bei verschiedenen Erkrankungen zur Hemmung der Blutgerinnung als Spritze oder in einer Infusion verabreicht. In bestimmten Situationen muss man dabei überprüfen, ob die richtige Dosis gegeben wurde, damit die Hemmung der Blutgerinnung nicht zu stark aber auch nicht zu schwach ist. Für bestimmte Heparinmedikamente (sog. LMW-Heparine) muss man dazu die Anti-Xa-Aktivität im Blut messen, die über den Heparinspiegel Auskunft gibt.
   
NAME:
Xa steht für den Blutgerinnungsfaktor Xa.
   
KURZINFO:
Wozu misst man die Anti-Xa-Aktivität?
Heparin wird häufig als Medikament zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzt. Heparin muss aber richtig dosiert werden. Hat man zuviel bekommen kommt es zu Blutungen, hat man zu wenig zu Blutgefäßverstopfungen. Zur Überprüfung der Heparindosierung, misst man, in welchem Bereich die Anti-Xa-Aktivität im Blutplasma des Patienten liegt.

 

Wieso sagt einem die Anti-Xa-Aktivität etwas über den Heparinspiegel im Blut?
Wie gesagt ist Heparin ein Hemmstoff der Blutgerinnung. Es wirkt dabei unter anderem indem es den Faktor Xa hemmt. Überprüft man jetzt, wie stark dieser Faktor gehemmt wird (also wie hoch die Anti-Xa-Aktivität ist), weiß man, wie viel Heparin im Blut ist.

Hintergrundinfo

Was ist der Faktor Xa?
Der Faktor X ist ein wichtiger Faktor des Blutgerinnungssystems, der für die Gerinnselbildung notwendig ist. Er kommt normalerweise überwiegend in seiner "Ruheform" vor (Faktor X), beim Ablauf einer Blutgerinnung entsteht die aktivierte Form: Faktor Xa.

Was ist die Anti-Xa-Aktivität?
Gerinnungsvorgänge dürfen nie unkontrolliert ablaufen. Wenn irgendwo aktivierter Faktor X (Faktor Xa) entsteht, muss er auch wieder gehemmt werden. In unserer Blutflüssigkeit (im Blutplasma) kann man solche Hemmstoffe finden. Ein wichtiger, natürlicher Hemmstoff in der Blutgerinnung ist das sog. Antithrombin III (sprich "Antithrombin drei"; Abkürzung ATIII). Es hemmt, wie der Name sagt, das Thrombin aber auch den Faktor Xa.
Durch die Wirkung des Medikaments Heparin wird die Wirkung von ATIII extrem verstärkt. Blutplasma, in dem sich Heparin befindet, hat also eine hohe Anti-Xa-Aktivität. Und zwar dosisabhängig: je mehr Heparin, desto mehr Hemmung. In Anwesenheit von Heparin heißt das daher: die Anti-Xa-Aktivität gibt Auskunft über den Heparinspiegel in der Probe.

Mit der Messung der Anti-Xa Aktivität überprüft man die Dosierung ganz bestimmter Heparine.
Es gibt verschiedene Typen von Heparinen, die man zur Hemmung der Blutgerinnung einsetzen kann. Eine Gruppe stellen die hochmolekularen Heparine (=unfraktionierte Heparine, High-Molecular-Weight-Heparine, HMW-Heparine) dar, eine andere die niedermolekularen Heparine (=fraktionierte Heparine, Low-Molecular-Weight-Heparine, LMW-Heparine).
Früher setzte man vorwiegend HMW-Heparine ein, heute werden in zunehmendem Maß LMW-Heparine verwendet.
Die HMW-Heparinwirkung lässt sich meist durch einfache Tests, wie z.B die PTT überprüfen. Für die LMW-Heparine hingegen braucht man die Anti-Xa-Aktivitätsmessung, um ihre Dosierung zu überprüfen.

Die Dosierung eines anderen gerinnungshemmenden Medikaments, des Danaparoid (Orgaran®), muss ebenfalls über die Anti-Xa-Aktivität überprüft werden.

Wie funktioniert die Messung der Anti-Xa-Aktivität?
Bei der Bestimmung der Anti-Xa-Aktivität gibt man eine bestimmte Menge Faktor Xa zum Blutplasma des Patienten. Dieser Faktor Xa wird dann von den im Blutplasma befindlichen Hemmstoffen gehemmt. Je nachdem wieviel Hemmwirkung im Plasma vorhanden ist, bleibt mehr oder weniger (ungehemmter) Faktor Xa übrig.
Wie viel Faktor Xa vorhanden ist, misst man meist, indem man einen Stoff zusetzt, von dem Faktor Xa einen Farbstoff abspalten kann. Je mehr Farbstoff entsteht, desto mehr Faktor Xa war noch vorhanden (sog. chromogene Methode; man misst dabei den Farbstoff photometrisch).

Wie gibt man das Ergebnis an?
Man gibt die Heparinaktivität im Plasma des Patienten an. Die Einheit dafür ist IE/ml oder auch Anti-Xa IE/ml (IE steht für Internationale Einheit; engl. IU= International Unit).

Wie kommt man durch Messung der Anti-Xa-Aktivität auf den Heparinspiegel?
Das geschieht bei der sog. Kalibration des Tests: man misst mehrere Proben mit bekannten Heparinkonzentrationen (z.B. 6 Proben mit einer Heparinkonzentration von 0, 0.4, 0,80, 1.20 und 1.60 IE/ml. So lernt man, wie sich ein bestimmter Heparinspiegel auf das Testergebnis auswirkt und kann nach Messung einer Patientenprobe vom Testergebnis auf den Heparinspiegel schließen.

Muss man bei Therapie mit LMW-Heparin die Plasmaspiegel überhaupt kontrollieren?
Generell, nein. Es ist ja der besondere Vorteil der LMW-Heparine gegenüber dem "normalen", HMW-Heparin, dass man keine Laborkontrollen braucht, was für den Patienten sehr angenehm ist.
Bei speziellen Patienten, z.B. Neugeborene, Kinder, Schwangere, Nierenkranke oder Patienten mit sehr niedrigem oder sehr hohem Körpergewicht, wird aber eine Überwachung der Heparinkonzentration empfohlen.

 

Zu welchem Zeitpunkt sollte man die Anti-Xa-Aktivität, also den Heparinspiegel messen?
4 Stunden nach der subkutanen Injektion (Injektion in die Unterhaut). Nur die Einhaltung dieses Zeitpunktes schafft standardisierte Bedingungen und aussagekräftige Ergebnisse.
(Ergebnisse der 6. Konsensuskonferenz für antithrombotische Therapie, Chest, 2001; 119:64S-94S)

Verlauf der Anti-Xa-Aktivität nach Injektion eines LMW-Heparins Anti-Xa-Aktivität nach Heparin Injektion
Eine Dosis von 10.000 IE eines niedermolekularen Heparins wurde in die Unterhaut injiziert. Der Verlauf der Anti-Xa-Aktivität im Plasma des Patienten macht klar, warum der Zeitpunkt der Abnahme so wichtig ist.

 

Welche Plasmaheparinspiegel sollten erreicht werden?
Das hängt ganz von der Anwendung ab und natürlich gibt es auch verschiedene Ansichten zu dem Thema. Die folgenden Bereichsangaben sollen daher nur Anhaltspunkte sein und gelten für eine Abnahme 4h nach der letzten Injektion.

  • LMW-Heparin-Behandlung von Gefäßverstopfungen (Thrombosen, Embolien) oder bei Herzkranzgefäßerkrankungen (z.B. Herzinfarkt):
    • bei einer 2 x täglichen Heparindosierung:
          0.6 - 1.0 IE/ml
    • bei einer 1 x täglichen Heparindosierung:
          1.0 - 2.0 IE/ml
      (Ergebnisse der 6. Konsensuskonferenz für antithrombotische Therapie, Chest, 2001; 119:64S-94S)
  • Vorbeugende Anwendung von LMW-Heparin:
    (ein Monitoring wird dabei allerdings nur selten notwendig sein):
    • 0.4 - 0.6 IE/ml
    • 0.2 - 0.4 IE/ml in der Schwangerschaft
    • 0.5 - 1.0 IE/ml bei Neugeborenen
   
REFERENZ-
BEREICH:

Normalerweise weist unser Blutplasma nur eine minimale Anti-Xa-Aktivität auf. Die Angabe im Laborbefund ist dann je nach verwendeter Methode z.B. < 0.1 IE/ml.
(IE steht für Internationale Einheit)

   
GERINGERE ANTI-Xa-AKTIVITÄT ALS ERWARTET:
Antithrombin III Mangel
Heparin wirkt vorwiegend durch die Bindung an Antithrombin III (Abk.: ATIII). Wenn dieser Faktor vermindert ist (Verbrauch oder angeborener Mangel, Frühgeburten), zeigt auch das Heparin eine verminderte Wirkung.
In einem weiten Bereich (etwa. 35 bis 150%) machen Schwankungen des ATIII aber wenig aus. Nur bei extremen Verminderungen (z.B. bei Frühgeborenen) wird eine Zugabe von ATIII empfohlen, um korrekte Resultate zu erzielen.

 

Freisetzung von Plättchenfaktor 4 aus den Blutplättchen
Aus zerfallenden Blutplättchen (Thrombozyten) wir der sog. Plättchenfaktor 4 frei. Dieser bindet sich an das Heparin und macht es unwirksam.
Vermehrtes Freiwerden von Plättchenfaktor 4 beobachtet man bei längerer Lagerung der Proben bei Raumtemperatur, schwieriger Blutentnahme oder wenn der Patient eine sehr hohe Thrombozytenzahl aufweist.
Die Hersteller der Anti-Xa-Aktivitäts Tests versuchen ihre Test gegenüber dem Plättchenfaktor 4 möglichst unempfindlich zu machen. Ein gewisser Einfluss bleibt aber.
   

 

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Letzte Änderung 2006-04-15

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