Digoxin - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
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ZUSAMMENFASSSUNG
Digoxin ist ein Medikament, das v.a. zur Behandlung der Herzschwäche
und des
Herzvorhofflimmerns eingesetzt wird. Die bekanntesten Medikamente, die
Digoxin enthalten bzw. enthielten: Lanicor, Theo-Lanicor, Gradulon,
Novodigal, Lanitop. Digoxin gehört zu den Herzglykosiden, einer
lange bekannten Gruppe von herzwirksamen Stoffen pflanzlicher
Herkunft.
Digoxin hat eine geringe therapeutische Breite, d.h. der Bereich
zwischen beginnender Wirkung und Überdosierung ist schmal.
Deswegen müssen Blutspiegelkontrollen vorgenommen werden. Empfohlen
werden heute meist Spiegel zwischen 0,5 ng/ml und 0,9 bzw. 1,0 ng/ml
(= zwischen 0,64 nmol/l und 1,15 bzw. 1,3 nmol/l).
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Digoxin ist wesentlicher Inhaltsstoff des wolligen Fingerhutes
(Digitalis lanata). Sie kommt ehr in Südosteurpa vor, wurde aber auch
bei uns angebaut.

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Das Medikament Digoxin wird v.a. zur Behandlung von Herzschwäche und Vorhofflimmern
(Herzrhythmusstörung) eingesetzt. Es hat dabei aber nur
eine geringe sog. "therapeutische Breite". das bedeutet: zu wenig nützt
nichts, zu viel hat schwere Nebenwirkungen, der dazwischen liegende
richtige Bereich ist schmal. Dazu kommt, dass viele andere Einflüsse
den Spiegel im Blut verändern können: z.B. eine ganze Reihe anderer
Medikamente (auch Antibiotika), Nierenschwäche. Daher muss man den
Digoxinspiegel bei Digoxineinnahme messen. Natürlich auch dann, wenn man
eine Digoxinüberdosierung oder Vergiftung vermutet.
Was muss man bei der Blutabnahme zur Blutspiegelbestimmung von
Digoxin beachten?
- Die Abnahme sollte frühestens 8
Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen (manche empfehlen 12h oder
sogar 24h [d.h. vor der nächsten Gabe]).
- Aussagekräftig sind
Spiegel erst nach 7-10 Tage regelmäßiger Einnahme.
- Ändert sich bei den
anderen Medikamenten, die der Patient einnimmt, etwas, sollte 7-10 Tage
danach der Digoxinspiegel gemessen werden.
- Werden Digoxin-einnehmende
Patienten im Spital aufgenommen sollte der Digoxinspiegel bei der
Aufnahme gemessen werden und dann alle 1-2 Tage, wenn neue Medikationen
dazukommen.
- Ganz selten wird bei Digoxinvergiftung das Antidot
("Digoxin Immune Fab", "Digibind") gegeben. Danach werden die gemessenen
Digoxinwerte falsch hoch.
(Aus: Gonar S.R, Frontiers in Cardiovascular Medicine, 2023.)
Wie hoch sollte der Digoxinspiegel im Blut sein?
Während man früher Blutspiegel zwischen 0,8 und 2,0 ng/ml (= 1,0 bis
2,6 nmol/l)) für notwendig hielt, zeigten spätere Studien, dass schon
Werte ab 1,2 ng/ml (=1,5 nmol/l) wenige Vorteile aber eine höhere
Komplikationsrate verursachten.
Daher wird heute
meist ein Spiegel von 1,2 ng/ml (1,5 nmol/l) als Obergrenze angesehen, sowohl für die
Behandlung der Herzschwäche als auch für die Behandlung des
Vorhofflimmerns.
Als Zielbereich wurde ein Bereich von 0,5 ng/ml
bis 0,9 oder 1,0 ng/ml (= 0,64 nmol/l bis 1,15 oder 1,3 nmol/l) empfohlen.
(Gonar S.R,
Frontiers in Cardiovascular Medicine, 2023; McDohagh T.H, 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure, 2021; Joglar J.A.,
2023 ACC/AHA/ACCP/HRS Guideline for the Diagnosis and Management of Atrial Fibrillation: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines,
2023)
Im Vergleich zu Digitoxin wird Digoxin schneller abgebaut, die
Halbwertszeit beträgt etwa 1-2 Tage. Das heißt, nimmt man kein Digoxin
mehr ein, dann sinkt der Blutspiegel nach 1-2 Tagen auf die Hälfte.
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PRÄANALYTIK, HALTBARKEIT DER PROBEN
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Wie oben beschrieben soll die Abnahme sollte jeweils frühestens 8
Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen (manche empfehlen 12h oder
sogar 24h [d.h. vor der nächsten Gabe]). Aussagekräftig sind
Spiegel nach 7-10 Tage regelmäßiger Einnahme.
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Fast alle Materialien verwendbar. Test der Firma Roche: Serumröhrchen
(roter Stoppel) mit oder ohne Gel.
Li-Heparin-Röhrchen (grüner Stoppel) mit oder ohne Gel, EDTA Plasma (violetter
Stoppel).
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Angaben Fa. Roche: 7 Tage bei 15-25 Grad, 14 Tage at 2-8
Grad, 6 Monate bei -20 Grad.
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Die meisten Test-Hersteller empfehlen
nur einmal einzufrieren. Daten dazu gibt es nicht.
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STÖRUNGEN DER ANALYTIK
Hämolyse, Ikterus, Lipämie Gegenüber diesen
Einflüssen ist die Digoxinanalyse relativ stabil (Getestet bis
Bilirubin 66 mg/dl, Hämoglobin 1000 mg/dl, Intralipid 1500 mg/dl).
Medikamente, die falsch hohe Digoxin Werte verursachen
können Spironolactone ("Aldacton"),Canrenon,
Hydrocortison, Uzara, Nabumetone (Relifex"), Pentoxifyllin
("Trental") , Medikamente der traditionellen chinesischen Medizin
(Chan Su,Lu-Shen-Wan, Dan Shen, Asian Ginseng; unterschiedlicher
Einfluss auf verschiedene Digoxin-Tests [Chow L., J Clin Lab Anal., 2003]).
Digoxin-artige
immunoreaktive Substanzen (DLIS) können falsch hohe Werte
verursachen DLIS (Digoxin-like immunoreactive
substances) kommen im Blut von Patienten mit Nierenversagen,
Leberversagen, bei Neugeborenen und bei Schwangeren im letzten Schwangerschaftsdrittel
vor. Sie können einen Digoxinspiegel vortäuschen oder falsch erhöhen. Die
DLIS-Spiegel sind meist niedrig (<0,5 ng/ml) können aber auch bei
1 ng/ml, gelegentlich auch darüber liegen. Manche Tests sind
robuster gegenüber DLIS als andere (Dasgupta A., Am J Clin Pathol 2002).
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Chow, Leonard; Johnson, Myrtle; Wells, Alice; Dasgupta, Amitava (2003): Effect of the traditional Chinese medicines Chan Su, Lu-Shen-Wan, Dan Shen, and Asian ginseng on serum digoxin measurement by Tina-quant (Roche) and Synchron LX system (Beckman) digoxin immunoassays. In: Journal of clinical laboratory analysis 17 (1), S. 22–27. DOI: 10.1002/jcla.10064.
Dasgupta, Amitava (2002): Endogenous and Exogenous Digoxin-like Immunoreactive Substances. In: Am J Clin Pathol 118, S. 132–140.
Gona, Sridhar Rao; Rosenberg, Joel; Fyffe-Freil, Ria C.; Kozakiewicz, Janet M.; Money, Mary E. (2023): Review: Failure of current digoxin monitoring for toxicity: new monitoring recommendations to maintain therapeutic levels for efficacy. In: Frontiers in cardiovascular medicine 10, S. 1179892. DOI: 10.3389/fcvm.2023.1179892.
Joglar, José A.; Chung, Mina K.; Armbruster, Anastasia L.; Benjamin, Emelia J.; Chyou, Janice Y.; Cronin, Edmond M. et al. (2024): 2023 ACC/AHA/ACCP/HRS Guideline for the Diagnosis and Management of Atrial Fibrillation: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. In: Circulation 149 (1), e1-e156. DOI: 10.1161/CIR.0000000000001193.
Larsson, Anders; Hamberg, Anna-Karin; Cedernaes, Jonathan; Hallberg, Pär; Karlqvist, Johanna Helmersson; Karlsson, Mathias (2025): New Monitoring Recommendations for Digoxin During the Last Decade Are Associated With Decreased Serum Digoxin Concentrations in Patient Samples. In: Basic & clinical pharmacology & toxicology 137 (2), e70083. DOI: 10.1111/bcpt.70083.
McDonagh, Theresa A.; Metra, Marco; Adamo, Marianna; Gardner, Roy S.; Baumbach, Andreas; Böhm, Michael et al. (2021): 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. In: European heart journal 42 (36), S. 3599–3726. DOI: 10.1093/eurheartj/ehab368.
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Letzte Änderung 2025-09-06 |